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Donnepp Media Award 2025

Laudatio auf Preisträger Oliver Kalkofe

In der Kategorie „Besondere Ehrung“,
gehalten von Medienkritikerin Nadia Zaboura am 29. Januar 2025 im Grimme-Institut, Marl

Liebe Frau Uzunoğlu, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Preisträgerinnen und Preisträger und liebe Grimme-Nominierte,

als Preisträgerin des letztjährigen Bert-Donnepp-Preises habe ich heute die große Freude, gleich zwei Laudationes halten zu dürfen. Für zwei auf den ersten und tatsächlich auch auf den zweiten Blick grundverschiedene Persönlichkeiten. Das Besondere: Die intensive Beschäftigung mit den Preisträgern, die heute mit der besonderen Ehrung des nun neu benannten Donnepp Media Awards ausgezeichnet werden, verschafft einem nicht nur eine vergnügliche Beschäftigung mit allerlei medialen Kuriositäten. Zeitgleich verlangt sie eine mitunter schmerzhafte Auseinandersetzung mit eklatantem Medienversagen. Die richtigen Worte für den Preisträger und die Preisträgerin zu formulieren, erforderte deshalb eine besondere Auseinandersetzung, ein Spiel mit Unterschieden innerhalb des großen Spannungsbogens dessen, was in der Medienpublizistik möglich und nötig ist.

Sie alle kennen dieses Prinzip aus Reiseführern und es lässt sich auch hier vollumfänglich anwenden: Der Donnepp Media Award ist ein Preis voller Kontraste, ein Preis, der Tradition und Moderne vereint.

Beginnen möchte ich mit der Tradition und damit unkonventionell mit dem nur unwesentlich lebenserfahreneren Preisträger:

Seit über drei Dekaden widmet er seine Arbeit einer besonderen Form der Medienpublizistik: Der Mediensatire. Aus Liebe und - so scheint es- , auch aus Notwehr.

Oliver Kalkofe ist ein Urgestein des Metiers: Mit Anzug, Hemd und pinkfarbener Fliege prägte und prägt er maßgeblich, wie wir die spezifisch deutsche Medienkultur verstehen können, und zwar in wirklich all ihren Auswüchsen - seien es tabubrechende Trash-Talks, absurdes Astro-TV, plumpe Polit-Interviews oder süffige Schlager- Shows.

Das Besondere an der Kalkofschen Medienkritik ist dabei mitnichten nur das trüffelnasige Aufspüren und die kennerhafte KURATIERUNG der wunderlichsten Medieninhalte - die wären allein für sich schon preiswürdig. Es ist vielmehr die KUNST, die Gegenstände und Personen seiner Medienkritik mitsamt ihrer pathosgetränkten Trivialität ins Rampenlicht zu bugsieren. Und dann - unter vollem Körper- und Kostüm-Einsatz - selbst zu diesen Inhalten zu werden, gleichsam in seine Materie zu morphen, mit ihr zu verschmelzen.

Dabei gelingt es dem Preisträger wie niemand anderem, sowohl bierernste Seriösität als auch emphatischen Kitsch mit maximaler Mediensatire zu brechen und die Schraube des bereits Überdrehten so lange weiterzudrehen, bis das Gewinde kracht. Das Stilmittel der Übertreibung, der ironischen Brechung, es verschafft dem Publikum innere Befreiung und Katharsis, während es zeitgleich das aufspießt, was sich allzu ernst nimmt.

Klar ist: Wären Oliver Kalkhofe die kulturindustriellen Produkte der Postmoderne schlicht egal, dann würde er sich ihnen nicht mit solch bemerkenswerter Ausdauer und Hingabe widmen. Er hat seine Rolle gefunden und perfektioniert: als zeitgenössischer Hofnarr, der einen besonderen Ort für eine besondere Community erschaffen hat, quer durch alle Altersgruppen - für die einen ist es ein Treffpunkt im täglichen medialen Wahn, für die anderen ein Therapieplatz.

Was vielen Quereinsteigern in das Kalkofsche Universum jedoch nicht sofort bekannt sein dürfte ist: Die Geschichte des Medienkritikers Oliver Kalkhofe ist auch eine Geschichte des Medienwandels. Rückblickend kann man sagen: er hat sie alle mitgenommen. Ein schneller Ritt:

Bereits in den 19990er Jahren, den Pionierjahren des deutschen Privatradios, persiflierte er im notorisch-bekannten ffn-„Frühstyxradio“ hiesige Medien und ihr Personal: Das Format „Kalkofes Mattscheibe“ erblickte hier das Licht der Welt.

1994 dann, dem Jahr, in dem die deutsche Eisenbahn privatisiert wird, Vangelis die Welt mit dem Lied „Conquest of Paradise“ martert und peanuts zum Unwort des Jahres gekürt wird, da also sprang Oliver Kalkofe dann vom Ton zum Bild, vom Ohr ins Auge: Gespannt saß sein Publikum vor dem verschlüsselten Pay-TV Sender Premiere und wartete darauf, bis jeden Sonntag Abend pünktlich um 20:00 Uhr das verrauschte Bild jäh endete und den Blick auf „Kalkofes Mattscheibe“ im TV-Format freigab.

Für die eher haptisch Veranlagten erscheint seit 1995 seine Print-Kolumne „Kalkofes letzte Worte“. Die feine Ironie, dass diese Medienkritik Woche um Woche eine TV-Zeitschrift „beendet“, mag dabei nur wenigen verborgen geblieben sein.

Seinen Weg säumen natürlich auch mediale Relikte wie CDs und DVDs, und heute, im Jahr 2025, kommt man in TV, Radio, Print, Podcast, Internet und Social Media kaum mehr an ihm vorbei - Medienkritik als Medienpionierarbeit, man möchte sagen: ein Hans Kalk in allen Gassen.

Diese Kontinuität ist beeindruckend, besonders dann, wenn man sich vor Augen hält, dass unser heutiger Preisträger bereits im Jahr 1996 den Adolf-Grimme-Preis für seine medienpublizistische Arbeit erhielt. Knapp 30 Jahre ist das her, wahrlich, was für ein Ritt durch die Geschichte.

Oliver Kalkofe, darüber ist sich die Jury des Donnepp Media Awards einig, ist einer der - Zitat - „profiliertesten Medienkritiker Deutschlands und zeichnet sich durch eine grandiose Kombination von scharfsinniger Beobachtung und beißender Satire aus.“

Wir gratulieren Oliver Kalkofe zur Auszeichnung mit dem Donnepp Media Award 2025 in der Kategorie „Besondere Ehrung“.